Wohngebäudeversicherung – Wie Rückstausicherungen zu kontrollieren sind
In einem Versicherungsvertrag wurde der Versicherte verpflichtet, zum Vermeiden von Überschwemmungs- und Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen, Rückstausicherungen „funktionsbereit“ zu halten. Eine solche Klausel ist unwirksam, wenn sie ihn darüber im Unklaren lässt, welche Verhaltensweisen ihm konkret auferlegt werden. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 13. Mai 2022 entschieden (7 U 71/21).
Der Kläger hatte bei der Beklagten für sein Einfamilienhaus eine Gebäudeversicherung abgeschlossen. Versichert waren auch erweiterte Elementarschäden, unter anderem infolge von Überschwemmungen und Rückstau.
Die Versicherungs-Bedingungen sahen vor, dass der Kläger zur Vermeidung derartiger Schäden bei rückstaugefährdeten Räumen dazu verpflichtet war, Rückstausicherungen anzubringen und diese „funktionsbereit“ zu halten.
Ausgefallene Pumpe verursachte fast 23.000 Euro Schaden
Mitte März 2019 bemerkte der Eigentümer im Keller seines Hauses Feuchtigkeit durch aufsteigendes Wasser, das aus den Abflüssen heraustrat.
Wie sich herausstellte, war eine in einem Drainageschacht angebrachte Hebepumpe ausgefallen, welche rückstauendes Wasser nach außen in den Straßenkanal pumpen sollte. Durch das Versagen der Pumpe entstand ein Schaden von fast 23.000 Euro.
An dem wollte sich der Gebäudeversicherer jedoch nur zur Hälfte beteiligen. Das begründete er damit, dass es zu dem Ausfall der Pumpe nur deswegen gekommen sei, weil sie durch den Versicherten entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung ganz offenkundig nicht ausreichend gewartet und somit nicht funktionsbereit gehalten worden war. Er habe daher grob fahrlässig gehandelt.
Versicherer berief sich auf Verletzung von Obliegenheiten
Das wurde von dem Geschädigten bestritten. Er habe die Hebepumpe zweimal jährlich kontrolliert und getestet, ohne dass dabei ein Schaden zutage getreten sei.
Diese Maßnahmen hielt der Versicherer für nicht ausreichend. Er behauptete, dass die Wartung im Sinne der DIN 1986, Teil 33 zweimal jährlich durch einen Fachbetrieb hätte durchgeführt werden müssen. Das sei nicht geschehen.
Im Übrigen sei der Kläger bei einem Ortstermin nicht dazu in der Lage gewesen, genau anzugeben, welche angeblichen Wartungsmaßnahmen er durchgeführt habe. Die Leistungskürzung sei daher wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten gerechtfertigt.
Unwirksame Klausel
Doch dem wollte sich das Frankfurter Oberlandesgericht nicht anschließen. Es gab der Berufung des Hauseigentümers gegen ein seine Klage abweisendes Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn in vollem Umfang statt.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klausel in den Versicherungs-Bedingungen, nach welcher die Rückstausicherung „funktionsbereit“ zu halten sei mangels Bestimmtheit im Sinne von § 307 Absatz 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Denn sie lasse die Versicherten darüber im Unklaren, welche Maßnahmen damit konkret gemeint seien.
„Für den durchschnittlichen um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer ist bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs der Klausel lediglich erkennbar, dass ihm über den Einbau der Rückstausicherung hinausgehend eine Pflicht zur Aufrechterhaltung deren Funktionsbereitschaft auferlegt werden soll“ – so das Gericht.
Es fehlte an Klarheit in den Versicherungs-Bedingungen
Von bestimmten Wartungsintervallen oder gar einer DIN-gerechten Wartung, sei in der Klausel hingegen keine Rede.
Dabei wäre es dem Versicherer nach Ansicht der Richter unschwer möglich gewesen, durch eine deutliche Formulierung zu den Instandhaltungs- und Wartungsobliegenheiten Klarheit zu schaffen. Da das nicht geschehen sei, könne er sich nicht mit Erfolg auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers berufen.
Die Richter ließen keine Revision gegen ihre Entscheidung zu.
Quelle : Versicherungsjournal 09.06.2022
Kommentare
Wohngebäudeversicherung – Wie Rückstausicherungen zu kontrollieren sind — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>