Wenn bei Bagatellschäden ein Sachverständiger beauftragt wird
15.3.2018 – Bei einfachen Schäden, deren Beseitigung eine Grenze von 1.000 Euro netto voraussichtlich nicht übersteigt, hat ein Geschädigter keinen Anspruch darauf, auf Kosten des Schädigers ein Sachverständigen-Gutachten in Auftrag zu geben. Das hat das Amtsgericht Hamburg mit Urteil vom 14. Dezember 2017 entschieden (20a 375/17).
Die Klägerin war mit ihrem Personenkraftwagen in einen Auffahrunfall verwickelt worden. Zwischen den Beteiligten bestand Einigkeit darüber, dass der Unfallgegner allein für den Unfall verantwortlich war. Dessen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer erklärte sich daher dazu bereit, den Schaden in voller Höhe zu regulieren.
Bagatellschaden
Streit gab es jedoch um die Erstattung der Kosten für ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Gutachten. Denn nach Ansicht des Versicherers hätte für sie erkennbar sein müssen, dass es sich um einen Bagatellschaden handelte, bei dem allenfalls die Vorlage eines Kostenvoranschlages, nicht aber die Beauftragung eines Sachverständigen erforderlich gewesen wäre.
Das sei letztlich auch durch die Höhe der Reparaturkosten in Höhe von rund 760 Euro netto bestätigt worden. Der Versicherer weigerte sich daher, die Kosten für das Gutachten von knapp 360 Euro zu übernehmen.
Der Fall landete daher vor Gericht. Dort trug die Klägerin vor, dass sie nicht habe ausschließen können, dass bei dem Auffahrunfall verdeckte Schäden entstanden seien. Sie habe als Laie außerdem nicht beurteilen können, ob bei ihrem noch jungen Fahrzeug durch den Unfall ein merkantiler Minderwert eingetreten sei. Die Beauftragung eines Sachverständigen habe sie folglich für geboten halten dürfen.
Doch dem wollte sich das Hamburger Amtsgericht nicht anschließen. Es wies die Klage auf Erstattung der Kosten für das Gutachten durch den gegnerischen Versicherer als unbegründet zurück.
Mit bloßem Auge erkennbar
Das Gericht schloss sich der Meinung des gegnerischen Versicherers an, dass es sich im Fall der Klägerin um einen Bagatellschaden handelte, welcher keinen Anlass zur Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens bot. Eine Schadenfeststellung hätte vielmehr „durch einen schlichten Kostenvoranschlag einer geeigneten Reparaturwerkstatt erfolgen können und müssen“.
Nach Überzeugung des Gerichts war für jedermann mit bloßem Auge erkennbar, dass bei dem Auffahrunfall allein der hintere Stoßfänger beschädigt wurde. Dabei habe es sich um ein einfach auszutauschendes Teil gehandelt. Somit sei klar gewesen, dass der Austausch zu keinem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs führen werde.
Ein solcher Anspruch leite sich nämlich aus der Befürchtung her, dass sich ein Fahrzeug trotz fachgerechter Reparatur in einem schlechteren Zustand als vor dem Unfall befindet, weshalb der Gebrauchtmarktwert des Autos sinke.
Bagatellschadengrenze von 1.000 Euro netto
Ein Grund für die Vermutung, dass ein verdeckter Schaden hätte vorliegen können, habe nach den äußeren Umständen ebenfalls nicht bestanden. Das sei offenkundig auch der Klägerin bewusst gewesen. Denn sie habe den Sachverständigen nicht darum gebeten, nach einem derartigen Schaden zu suchen. Ihr Auto sei folglich unzerlegt und ohne Inanspruchnahme einer Hebebühne von dem Gutachter in Augenschein genommen worden.
Die Reparaturkosten hätten im Übrigen die Bagatellschadengrenze von 1.000 Euro netto, ab welcher nach der Rechtsprechung auch anderer Gerichte eine Beauftragung eines Sachverständigen gerechtfertigt sei, nicht überschritten. Die Klägerin habe daher auch aus diesem Grund keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Gutachtens.
Altbekannter Streit
Das Gericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass bei der Berechnung des Schwellenwerts auch in Fällen, in denen ein Geschädigter nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, grundsätzlich der Nettowert zugrunde gelegt werden muss. „Denn der Fahrzeugschaden wird durch die ohnehin nur bei Durchführung der Reparatur anfallende Mehrwertsteuer in ihrer jeweils geltenden Höhe nicht größer. Es entsteht nur eine weitere Schadenposition.“
Die Frage der Erstattung der Kosten für ein vom Geschädigten in Auftrag gegebenes Gutachten durch den gegnerischen Versicherer war auch in der Vergangenheit wiederholt Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen
Quelle : Versicherungsjounal.de
Gut zu wissen, dass bei Schäden, deren Beseitigung die 1.000 Euro netto nicht übersteigt, der Geschädigte keinen Anspruch gegen den Schädiger auf Einschaltung eines Sachverständigen hat. Mein Onkel möchte sich ein Sachverständigengutachten zum Wert seiner Villa am Meer holen. Er hofft, dass die Kosten der Beseitigung eventueller Schäden auch nicht die 1000 Euro übersteigen würde.
Dem habe ich früher kritisch gegenübergestanden, aber man muß auch die Verhältnismäßigkeit sehen. Wenn Gutachterkosten die Höhe des Schadens erreichen ist diese kaum gegeben. Bei Kosten unter 1000 € zahlen Versicherer aber auch oft pauschal, ohne weitere Prüfung, sodaß ein Streit kaum angebracht ist.