Kfz-Versicherer verrechnet Kosten für schlampiges Gutachten
Die Klägerin war mit ihrem Personenkraftwagen unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Zwischen ihr und dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers bestand Einigkeit darin, dass ihr dieser die unfallbedingten Schäden in vollem Umfang zu ersetzen habe.
Nach dem Unfall beauftragte die Frau einen Sachverständigen mit der Begutachtung ihres Fahrzeugs. Dieser stellte einen Totalschaden fest. In seinem Gutachten bezifferte er den Wiederbeschaffungswert mit 2.200 Euro und den Restwert mit 180 Euro.
Nicht berücksichtigte Vorschäden am Kfz
Das Gutachten reichte die Klägerin zusammen mit der Rechnung des Sachverständigen dem gegnerischen Versicherer ein. Dabei bat sie gleichzeitig um eine Abrechnung auf Basis des Gutachtens. Die Versicherungs-Gesellschaft glich vorab die von dem Gutachter in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von rund 520 Euro aus.
Im Rahmen der weiteren Schadenregulierung kamen dem Versicherer jedoch Bedenken. Er beauftragte daher einen anderen Sachverständigen mit der Überprüfung des Gutachtens.
Der stellte fest, dass das Fahrzeug der Klägerin mehrere erhebliche Vorschäden, so auch einen Hagelschaden, aufwies, die sein Kollege nicht berücksichtigt hatte. Er ermittelte daher einen Wiederschaffungswert von nur 500 Euro sowie einen Restwert von 60 Euro.
Rechtsgrundlose Honorarzahlung?
Damit konfrontiert, korrigierte der Gutachter, den die Klägerin beauftragt hatte, die von ihm genannten Werte. Er behauptete, dass die Vorschäden wegen der Verschmutzung des Fahrzeugs sowie wegen einsetzender Dämmerung nicht zu erkennen gewesen seien.
Das nahm der Versicherer zum Anlass, die von ihm vorab gezahlten Sachverständigen-Gebühren mit dem Restschaden der Klägerin zu verrechnen. Denn das erste Gutachten sei unbrauchbar gewesen und das Honorar von ihm rechtsgrundlos gezahlt worden.
Überzahlten Betrag von dem Sachverständigen zurückfordern
Daraufhin reichte die Geschädigte Klage ein. Diese begründete sie damit, dass sie die Unbrauchbarkeit des Gutachtens nicht zu vertreten habe. Denn die Vorschäden seien für den von ihr beauftragten Sachverständigen ohne Weiteres zu erkennen gewesen.
Im Übrigen müsse der Versicherer den überzahlten Betrag von dem Sachverständigen zurückfordern. Eine Aufrechnung mit dem übrigen Schaden bleibe ihm versagt.
Dem wollten sich weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Amtsgericht Saarbrücken, noch das von der Klägerin in Berufung angerufene Landgericht der Stadt anschließen. Beide Gerichte hielten die Klage für unbegründet.
Klägerin verpflichtet, erkennbaren Irrtum zu korrigieren
Beruhe die Nicht-Eignung eines Gutachtens darauf, dass ein Geschädigter dem Sachverständigen gegenüber offensichtliche Vor- oder Altschäden verschweigt, so scheide eine Ersatzfähigkeit der Kosten für das Gutachten aus. Das gelte auch dann, wenn die Schäden zu erkennen gewesen seien.
Die Klägerin sei nämlich spätestens nach dem Erhalt des Gutachtens dazu verpflichtet gewesen, den darin auch für sie erkennbaren Irrtum des Sachverständigen durch einen entsprechenden Hinweis zu korrigieren.
Sie habe die Forderung des Gutachters zwar nicht ausdrücklich an den Versicherer abgetreten. Durch Vorlage des Gutachtens und der Rechnung habe sie jedoch zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Begleichung beanspruche.
Angesichts dessen sei der Versicherer dazu berechtigt gewesen, die bereits an den Sachverständigen erfolgte Zahlung mit den übrigen Ersatzansprüchen der Klägerin aufzurechnen. Das Landgericht sah keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung zuzulassen.
Quelle : Versicherungsjournal 24.03.2021
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