Unfall oder Versicherungsbetrug ? Versicherer in Beweisnot.
Ein Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer behauptete, dass ein Versicherter bewusst und in Absprache mit dem Geschädigten gegen ein parkendes Fahrzeug gefahren ist. Er ist aber nur dann von seiner Verpflichtung zur Regulierung des Schadens befreit, wenn hierfür eindeutige Anzeichen sprechen. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 12. September 2022 (16 O 35/22) hervor.
Der Entscheidung lag ein Verkehrsunfall zugrunde, der sich im Sommer 2021 am helllichten Tage auf dem Parkplatz eines Kleingartengeländes ereignet hatte. Dabei war der Fahrer eines knapp fünf Meter langen und mehr als zwei Tonnen schweren SUVs beim Rangieren auf das Heck eines ordnungsgemäß geparkten älteren Fahrzeugs eines Kleingartenkollegen gekracht.
Versicherer behauptet manipuliertes Schadenereignis
Der Polizei gegenüber gab er später zu Protokoll, dass es zu dem Unfall deswegen gekommen sei, weil er versehentlich das Gas- mit dem Bremspedal verwechselt habe. Das Fahrzeug des Geschädigten erlitt bei dem Unfall einen wirtschaftlichen Totalschaden.
Der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer des SUVs weigerte sich, den Schaden zu regulieren. Er argumentierte, dass es sich bei dem Vorfall ganz offenkundig um ein manipuliertes Schadenereignis gehandelt habe, das zwischen dem Verursacher und dem Geschädigten abgesprochen worden sei.
Für die These eines gestellten Unfalls spreche unter anderem der abgelegene Unfallort. Denn an dem sei mit keinen Zeugen zu rechnen gewesen. Der Geschädigte habe im Übrigen nur 850 Meter von dem Parkplatz entfernt gewohnt. Es sei daher äußerst ungewöhnlich, dass er für diesen kurzen Weg sein Auto genutzt habe, um zu seinem Kleingarten zu gelangen.
Für eine Vorsatztat fehlte der Beweis
Diese Argumentation überzeugte das Stuttgarter Landgericht nicht. Es gab der Klage auf Regulierung des Schadens in vollem Umfang statt.
Nach der Beweisaufnahme hielt das Gericht die Schilderung des Schädigers für glaubwürdig, dass er wegen eines Fehlers auf das Fahrzeug des Klägers aufgefahren war. Dass dieser mit der Schädigung einverstanden gewesen sein soll, habe der Versicherer nicht bewiesen.
Die Tatsache, dass der Geschädigte die kurze Strecke von seiner Wohnung mit seinem Auto und nicht zu Fuß zurückgelegt hatte, hielten die Richter für nicht ungewöhnlich. Denn es würde viele Menschen geben, die auch für kurze Strecken ihr Kraftfahrzeug nutzten.
Kein Handeln im Verborgenen
Dass der Parkplatz etwas abgelegen war, spreche nicht für ein Handeln im Verborgenen. Denn angesichts der Uhrzeit des Unfalls sei es eher ein Zufall gewesen, dass keine neutralen Zeugen zur Verfügung gestanden hätten.
Anders, als von dem beklagten Versicherer vorgetragen, spreche für einen manipulierten Unfall auch nicht, dass der Schädiger trotz seiner Bekanntschaft mit dem Geschädigten den Vorfall der Polizei gemeldet habe. Denn bei dem von ihm gefahrenen SUV habe es sich um ein Leasingfahrzeug gehandelt.
Es habe daher in seinem Interesse gelegen, das Schadenereignis förmlich dokumentieren zu lassen. Im Übrigen sei die Schilderung des Unfallhergangs auch für einen mit der Klärung des Vorfalls befragten Sachverständigen plausibel gewesen.
Quelle : Versicherungsjournal 06.04.2023
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