Wegen ungebeten verteilter Werbung drohen sechs Monate Haft
Werden Werbeflyer in einer Briefkastenanlage deponiert, obwohl sämtliche Briefkästen mit dem Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen“ gekennzeichnet sind, droht dem Werbetreibenden bei Wiederholung eine Strafe bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise bis zu sechs Monate Ordnungshaft. Das hat das Amtsgericht München mit einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 18. März 2022 (142 C 12408/21) entschieden.
Sämtliche Briefkästen eines Mehrfamilienhauses waren mit einem Aufkleber „Bitte keine Werbung einwerfen“ versehen worden. Ein Bewohner fand trotz allem in einer Ritze zwischen einem der Briefkästen und einem darunter liegenden Spalt zwei Werbeflyer eines Unternehmens.
Darum ging er gegen den Werbetreibenden gerichtlich vor. Er und seine Nachbarn hätten durch das Anbringen der Aufkleber eindeutig signalisiert, dass sie keine Werbung erhalten möchten. Das bedeute, dass sie erst recht keinen Wert auf wild abgelegte oder befestigte Reklame legen würden. Denn dadurch erhöhe sich der „Lästigkeitsfaktor“ erheblich, so das Argument des Klägers.
Werbetreibender weist Verantwortung von sich
In seiner Erwiderung argumentierte der Werbetreibende daraufhin, dass er diese Art der Verteilung des Materials nicht veranlasst und auch nicht zu vertreten habe. Die von ihm beauftragten Verteiler seien angewiesen worden, die Flyer nur in Briefkästen einzuwerfen, die keinen Werbung abweisenden Hinweis trugen. Mehr könne nicht von ihm verlangt werden.
Das sah das Münchener Amtsgericht anders. Es gab der Unterlassungsklage statt.
Gericht fordert Unterlassung vom Unternehmen
Nach dessen Überzeugung wurde der Bewohner durch die unerlaubt platzierte Werbung rechtswidrig in seinem Besitz beziehungsweise Mitbesitz gestört. Ihm stehe daher ein Anspruch auf Unterlassung zu.
Von einer Besitzstörung sei grundsätzlich dann auszugehen, wenn eindeutig signalisiert werde, dass man kein Einwerfen von Werbeflyern wünsche. Letzteres sei hier der Fall gewesen. Darauf, dass die Werbung nicht in die Kästen gesteckt, sondern nur in deren unmittelbaren Bereich platziert worden seien, komme es für die Erfüllung des Tatbestandes einer Besitzstörung nicht an.
Unterlassene Schutzvorkehrungen
Den Einwand des Beklagten, dass er die von ihm beauftragten Austräger angewiesen habe, Werbung nur auf erlaubte Weise zu verteilen, ließ das Gericht nicht gelten. Er sei dazu verpflichtet gewesen, geeignete Schutzvorkehrungen zu treffen und Beanstandungen nachzugehen.
Um seiner Anweisung Nachdruck zu verleihen, habe er den Verteilern für den Fall einer Zuwiderhandlung wirtschaftliche und rechtliche Sanktionen androhen und gegebenenfalls eine Vertragsstrafe vereinbaren müssen. Dass er dies getan habe, habe er nicht nachgewiesen.
Der Werbetreibende habe die Flyer zwar nicht selbst verteilt, als mittelbarer Störer sei er aber zur Unterlassung verpflichtet.
Hohe Strafe im Falle der Zuwiderhandlung droht
Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ihm daher die Verurteilung zur Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 Euro, ersatzweise eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, angedroht. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Das Landgericht Lüneburg hatte bereits im September 2011 entschieden, dass die Verteilung von Werbesendungen gegen den Willen eines Empfängers einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darstellt (VersicherungsJournal 9.12.2011).
Quelle : Versicherungsjournal 10.03.2023
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