Riester-Rente vor dem Aus – Das steht in den Wahlprogrammen der Parteien
Die Grünen planen unter anderem einen Bürgerfonds, der Riester ablösen soll. Die SPD setzt vor allem auf die gesetzliche Rentenversicherung als „zentrale Grundlage“. Die FDP möchte die Altersabsicherung als flexibles Baukastensystem organisieren. Die AfD fordert, Steuerzuschüsse zur Rente durch konsequente Streichung von ideologischen Politikmaßnahmen gegenzufinanzieren. Die Linke beabsichtigt, den provisionsbasierten Verkauf von Finanz- und Versicherungsprodukten abzuschaffen.
CDU und CSU haben als letzte der etablierten Parteien am Montag ihr gemeinsames Wahlprogramm bekannt gegeben (VersicherungsJournal 21.6.2021). Ihre Vorhaben werden sich wohl am stärksten auf die künftige Altersvorsorge auswirken. Denn laut verschiedener Marktforschungs-Institute liegen die Schwesterparteien bei der Sonntagsfrage aktuell klar vorne – mit Aufwärtstrend.
Dennoch wird die Union nicht alleine regieren können. Welche Ideen haben die übrigen Parteien zur Absicherung im Alter? As VersicherungsJournal bringt hierzu eine Übersicht in der Reihenfolge der aktuellen Umfragewerte.
Die Grünen wollen erste Schritte zur Bürgerversicherung …
Bündnis 90/ Die Grünen wollen das Rentenniveau bei 48 Prozent sichern. Dazu soll die Frauenerwerbsquote erhöht, ein Einwanderungsgesetz geschaffen und die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer verbessert werden.
Zudem werde man dafür sorgen, dass „in einem ersten Schritt zu einer Bürgerversicherung“ anderweitig nicht abgesicherte Selbstständige und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden, heißt es im Programmentwurf „Deutschland. Alles drin.“. Die Grundrente soll „repariert“ und zu einer „Garantierente“ weiterentwickelt werden.
Grundsätzlich halten die Grünen an der Rente mit 67 Jahren fest. „Wir wollen es Menschen aber leichter machen, selbst darüber zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen“, heißt es.
… und einen Bürgerfonds, der die Riester-Rente ersetzt
Das Umlagesystem möchte man durch eine kapitalgedeckte Altersvorsorge ergänzen. Die Riester-Rente sei „ein völliger Fehlschlag“ gewesen. Die Produkte seien teuer, undurchschaubar und hätten oft „eine geringere Rendite als Omas Sparstrumpf“. Profitabel seien sie nur für die Versicherungswirtschaft oder durch die öffentliche Förderung.
Riester soll durch einen öffentlich verwalteten, nachhaltig investierenden Bürgerfonds ersetzt werden, in den alle einzahlen, die nicht aktiv wiedersprechen. „So wird ein Volumen geschaffen, das die Verwaltungskosten gering hält, die Risiken breit streut und auf teure Garantien verzichten kann“, sind die Grünen überzeugt.
Außerdem ist geplant, dass alle Arbeitgeber künftig eine betriebliche Altersversorgung (bAV) anbieten. Dazu könne der Bürgerfonds als Standard genutzt werden.
Die SPD möchte die gesetzliche Rentenversicherung stärken …
Für die SPD ist die gesetzliche Rentenversicherung die „zentrale Grundlage“. Sie soll gestärkt werden, um dauerhaft ein Rentenniveau von 48 Prozent zu gewährleisten. Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters wird abgelehnt. Besonders langjährig Versicherte sollen weiterhin vor Erreichen der Regelaltersgrenze abschlagsfrei den Ruhestand antreten können.
Dafür sollen auch Selbstständige, Beamte, freie Berufe und Mandatsträger der gesetzlichen Rentenversicherung angehören. „Es ist an der Zeit, […] die Sondersystem auf lange Sicht zu überwinden“, heißt es im Wahlprogramm mit dem Titel „Aus Respekt vor deiner Zukunft.“.
Außerdem wollen die Sozialdemokraten die Erwerbsminderungsrente verbessern sowie eine „geschlechtergerechte Rente“ erreichen. Unterschiedliche Arbeitszeiten, familienbedingte Tätigkeiten sollen gerechter berücksichtigt werden.
… und mehr Beschäftigte in der bAV
„Unser Ziel ist es, dass deutlich mehr Beschäftigte in einer betrieblichen Altersversorgung abgesichert sind“, schreibt die SPD weiter. Zudem werde man sich für die Abschaffung der Vollverbeitragung und der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten in der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzen.
Grundsätzlich stelle eine ergänzende private Absicherung keinen Ersatz für die gesetzliche Rente dar. Riester sei nicht zufriedenstellend.
Man setze sich für „ein neues, standardisiertes Angebot ein, das kostengünstig ist, digital und grenzüberschreitend und (nach schwedischem Vorbild) auch von einer öffentlichen Institution angeboten wird“. Zuschüsse sollen auf untere und mittlere Einkommensgruppen beschränkt sein.
FDP plant eine Altersvorsorge nach Baukastenprinzip …
Die FDP möchte die Altersvorsorge „enkelfit“ machen und nach dem Baukastenprinzip organisieren. Die Menschen sollen „Bausteine“ aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Absicherung je nach Lebenslage flexibel kombinieren können.
Auch das Renteneintrittsalter soll variabel gehandhabt werden. „Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, eine höhere Rente“, heißt es im Programmentwurf „Nie gab es mehr zu tun.“. Wer mit 60 Jahren das Grundsicherungsniveau erreicht hat, entscheidet nach den Plänen selbst über den Start des Ruhestands. Zudem will man die Erwerbsminderungsrente stärken.
Die Freien Demokraten fordern außerdem die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente nach schwedischem Vorbild. Dazu soll die erste Säule auf zwei Pfeilern ruhen. Ein größerer Beitrag soll weiterhin in die umlagefinanzierte Versicherung fließen, ein kleinerer („zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens“) in eine kapitalgedeckte Anlageform, die als Fonds unabhängig verwaltet wird.
… und eine Stärkung der bAV
Die betriebliche Altersversorgung möchte die Partei stärken, indem alle Unternehmen die Möglichkeit einer breiteren Anlageform und eines automatische Einbezugs ganzer Belegschaften erhalten. Zudem soll die Doppelverbeitragung in der Krankenkasse für alle Wege betrieblicher und privater Vorsorge beendet werden.
Bei der privaten Vorsorge möchte man ein „Altersvorsorge-Depot“ einführen, um Anbieterwechsel besser möglich zu machen. Lebensversicherer, Pensionskassen und Vorsorgewerke sollen „vermehrt und einfacher in Wagniskapital, Startups, Aktien oder Infrastrukturprojekte“ investieren können.
Die FDP plant, Anlagevorschriften bei der staatlich geförderten Altersvorsorge zu öffnen und Wohn-Riester zu erhalten. Die Sparer sollen selbst über Renditechancen, Anlageformen und Anlagedauer entscheiden können. „Zudem muss die geförderte Altersvorsorge einfacher und verbraucherfreundlicher werden“, heißt es.
Die AfD legt den Renteneintritt in die Hand des Einzelnen
Die AfD fordert, „Steuerzuschüsse zur Rente durch konsequente Streichung von ideologischen Politikmaßnahmen, beispielsweise in der Migrations-, Klima- und EU-Politik, gegenzufinanzieren“. Sie möchte „die Entscheidung über den Eintritt in die Rentenphase in die Hand des Einzelnen“ legen. Wer länger arbeite, bekomme entsprechend mehr Rente.
Zudem sollen Politiker „wie andere Arbeitnehmer auch in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen“, Beamte dagegen weiterhin eine eigene Versorgung haben. Für jedes Kind möchte man den Eltern 20.000 Euro der Rentenbeiträge aus Steuermitteln erstatten.
Außerdem werde man für ostdeutsche Härtefälle im Renten-Überleitungsprozess einen Ausgleich durch eine Fondslösung schaffen. Doppelbesteuerung will die AfD abschaffen sowie den Steuerfreibetrag anheben. Das umlagefinanzierte Rentensystem werde man für den Eintritt der Babyboomer „tauglich“ machen.
Die Linke will das Rentenniveau sofort anheben, …
Die Linke will „als Sofortmaßnahme“ das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben. Ihr „Kernprojekt“, die gesetzliche Rentenversicherung, soll zu einer Alterssicherung für alle Erwerbstätigen werden. Geplant ist, dass alle Erwerbstätigen einzahlen, also auch Selbstständige, Beamte, Manager und Politiker.
Zudem möchte man eine „solidarische Mindestrente“ von 1.200 Euro im Monat einführen. Ausbildungszeiten, Zeiten der Kindererziehung und Pflege sowie freiwillige und unbezahlte Arbeit sollen besser anerkannt werden. Jeder soll nach Vorstellungen der Linken wieder mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können.
Die Partei fordert einen leichteren Zugang zur Erwerbsminderungsrente und einen Angleich der Ostrenten an das Westniveau. Die Beitragsbemessungs-Grenze soll erst vereinheitlicht, dann in mehreren Schritten angehoben und schließlich ganz aufgehoben werden.
… und sieht die Riester-Rente als gescheitert an …
Die Riester-Rente betrachtet die Linke als gescheitert. „Die Beiträge und Zuschüsse wandern in die Kassen der Versicherungskonzerne statt in die Portemonnaies der Rentner*innen“, heißt es dazu im Wahlprogramm „Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!“.
Millionen Menschen mit normalem und niedrigem Einkommen würden sich private Rentenversicherungen nicht leisten können. Riester soll auf freiwilliger Basis in die gesetzliche Rente überführt werden.
Die bAV soll überwiegend von den Arbeitgebern finanziert werden. Als Grundlage dafür sind verbindliche tarifliche Regelungen geplant. Die Doppelverbeitragung sei sofort, die Entgeltumwandlung in Zukunft zu beenden, heißt es.
Außerdem will die Partei die Doppelbesteuerung der Renten abschaffen und das steuerfreie Existenzminimum auf 14.400 Euro im Jahr anheben. Die Erwerbsminderungsrente soll verbessert werden.
… und will die Rechte der Verbraucher stärken
Die Linke will zudem die Rechte von Verbrauchern stärken und widmet diesem Thema ein eigenes Kapitel. Darin heißt es unter anderem: „Unabhängige Beratung statt Drückerkolonnen. Wir werden den provisionsbasierten Verkauf von Finanz- und Versicherungsprodukten abschaffen. […]
Wir verpflichten Versicherer und andere Finanzdienstleister, auch unter Niedrigzinsbedingungen die gemachten Garantien und Zusagen ihrer Produkte einzuhalten. Bei klassischen Lebensversicherungen dürfen Bewertungsreserven und Überschüsse, die grundsätzlich den Verbraucher*innen zustehen, nicht gekürzt werden.“
Mona Backhaus
Quelle : Versicherungsjournal 23.06.2021
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