Künstlersozialabgabe darf nicht undifferenziert erhoben werden
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2022 entschieden, dass Künstlersozialabgaben nicht auf Grundlage einer undifferenzierten Schätzung der Deutschen Rentenversicherung erhoben werden dürfen (L 2 BA 49/22 B Er).
Nach einem Bericht des Deutschen Anwaltvereins lag der Entscheidung der Fall einer kleinen Schokoladenmanufaktur zugrunde. Die sollte nach einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für die Jahre 2016 bis 2020 Künstlersozialabgaben in Höhe von rund 4.200 Euro nachzahlen.
Basis für die Berechnung war eine pauschale Schätzung der Werbeumsätze durch den Betriebsprüfer. Der war davon ausgegangen, dass die Manufaktur für Gestaltungs- und Werbemaßnahmen Aufträge an selbstständige Künstler in einem Jahresvolumen von 19.000 Euro ausgegeben haben müsse. Das Unternehmen selbst hatte hingegen nur 50 bis 225 Euro angegeben.
Durchgreifende Bedenken gegen die Forderung der DRV
Die Inhaber der Schokoladenmanufaktur hielten die Schätzung für ein Unternehmen ihrer Größe für völlig unrealistisch. Daher zogen sie vor Gericht, erlitten dort aber zunächst eine Niederlage.
Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Lüneburger Sozialgericht hielt die Forderung der Deutschen Rentenversicherung für gerechtfertigt. Es wies die Klage daher als unbegründet zurück.
Mit ihrer daraufhin beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegten Berufung hatte der Betrieb schließlich Erfolg. Das Gericht ordnete im Rahmen eines Eilverfahrens die aufschiebende Wirkung der Klage an. Denn es würden durchgreifende Bedenken gegen die Forderung der DRV bestehen.
Nur gelegentlich Werbeaufträge an selbstständige Künstler
Nach Ansicht der Richter habe der Rentenversicherer schon dem Grunde nach nicht dargelegt, dass die klagenden Fabrikanten zum Kreis der sogenannten Eigenwerber gehören. Denn darunter seien nur Unternehmen zu verstehen, die nicht nur gelegentlich Werbeaufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen würden.
Eine Schätzung müsse außerdem eine realistische Grundlage haben und sich schlüssig nachvollziehen lassen.
„Es ist jedoch insbesondere nichts dafür auszumachen, dass die Antragstellerin tatsächlich in den einzelnen Jahren des Nacherhebungszeitraums von 2016 bis 2020 Aufträge an Selbstständige Künstler im Sinne der Vorgaben des Künstlersozial-Versicherungsgesetzes mit einem jährlichen Entgeltvolumen von 19.000 Euro erteilt haben könnte, wie dies die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung angenommen hat“, so das Berufungsgericht.
Sehenden Auges über rechtsstaatliche Vorgaben hinweggesetzt
Da das klagende Unternehmen selbst von wesentlich geringeren Werbeausgaben ausgegangen war, habe es sorgfältig ermittelter Tatsachen bedurft und keiner pauschalen Schätzung. Die DRV habe selbst eingeräumt, ihre Schätzung nicht differenziert zu haben.
Das sei jedoch auch aus Gründen der Vereinfachung nicht zu akzeptieren. Denn damit sei zum Ausdruck gebracht worden, dass sich die Deutsche Rentenversicherung sehenden Auges über rechtsstaatliche Vorgaben hinweggesetzt habe.
Quelle : Versicherungsjournal 02.03.2023
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