Kfz-Haftpflicht – Wann ein geschädigter Unternehmer mehr als den entgangenen Gewinn verlangen kann
Eine Firma verstößt nicht in jedem Fall gegen seine Schadenminderungs-Pflicht, wenn sie nach einem Verkehrsunfall einen Mietwagen organisiert, anstatt gegenüber dem Versicherer des Unfallverursachers lediglich den entgangenen Gewinn geltend zu machen. Das geht aus einem Beschluss des Landgerichts Stade vom 26. Oktober 2022 (4 S 30/22) hervor.
Ein Fahrzeug eines Stader Taxiunternehmens war Mitte November 2020 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden. Für die Zeit der Reparatur organisierte das Unternehmen ein Miettaxi zu einem Preis von 180 Euro pro Tag.
Das wurde damit begründet, dass die Anmietung aus betriebs-wirtschaftlicher Sicht erforderlich gewesen sei. Man habe zum Beispiel Verträge zur Schülerbeförderung und medizinischer Einsatzfahrten erfüllen müssen.
Streitpunkt: Entgangener Gewinn statt Mietwagen
Für den Fall, dass man den Verträgen nicht habe nachkommen können, sei das Unternehmen Gefahr gelaufen als unzuverlässig eingestuft zu werden und die Aufträge zu verlieren. Der ersatzweise Einsatz anderer Fahrzeuge des Fuhrparks sei nicht möglich gewesen. Diese seien regelmäßig für die Wahrnehmung anderer Aufträge benötigt worden.
Dem hielt der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers entgegen, dass das Taxiunternehmen durch die Anmietung des Mietwagens gegen seine Schadenminderungs-Pflicht verstoßen habe. Erstattungsfähig sei daher im Sinne von § 251 Absatz 2 BGB lediglich der während der Reparaturzeit entgangene Gewinn. Dieser sei deutlich niedriger gewesen als die Kosten für das Miettaxi.
Interesse an ungestörter Fortsetzung des Betriebes
Letzteres wurde vom Stader Landgericht als Zweitinstanz bestätigt. Das Gericht hielt die Forderung des Taxisunternehmens auf Erstattung der Mietwagenkosten trotz allem für berechtigt. Das hatte zuvor schon das Amtsgericht der Stadt entschieden.
Nach Ansicht der Richter darf der Eigentümer eines von einem Dritten beschädigten gewerblich genutzten Fahrzeugs nicht von vornherein auf die Geltendmachung seines entgangenen Gewinns verwiesen werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne auch ein Anspruch auf die Erstattung der Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs bestehen.
Der Schaden, den ein Unternehmen erleidet, lasse sich nicht nur auf entgangene Gewinne beschränken. Dies sei nur einer der Gesichtspunkte, die in einer Gesamtbetrachtung Gewicht finden müssten. Auch die ungestörte Fortführung des Betriebs sowie die Dispositionsfreiheit und die Konsequenz eines längeren Fernbleibens vom Markt seien zu betrachten.
Unternehmer fürchtet Gefahr durch Rufschädigung
In diesem Fall sei bewiesen, dass die Anmietung des Ersatztaxis erforderlich war. Bei objektiver Betrachtungsweise habe er nämlich befürchten müssen, dass sich seine Vertragspartner bei einem längeren reparaturbedingten Ausfall des durch den Unfall beschädigten Taxis für die Kinder- und Krankentransporte nach einem Ersatzunternehmen umsehen würden.
Das habe er schadensrechtlich ebenso wenig hinnehmen müssen wie die Gefahr, den guten Ruf seines Betriebes zu gefährden.
Ein Anspruch auf die Erstattung der Mietwagenkosten wäre allenfalls dann entfallen, wenn davon hätte ausgegangen werden müssen, dass ein wirtschaftlich denkender Geschädigter dessen Anmietung als unternehmerisch für unvertretbar gehalten hätte.
Das könne jedoch auch angesichts der Höhe der Kosten für die Mietdroschke in dem entschiedenen Fall nicht unterstellt werden.
Quelle : Versicherungsjournal 08.02.2023
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