Wann ein Unfall kein Unfall ist
Wer beim Spazierengehen ohne äußere Einwirkung umknickt und dabei verletzt wird, hat keinen Anspruch auf Leistungen seines privaten Unfallversicherers. Das hat das Thüringer Oberlandesgericht mit Beschluss vom 15. Februar 2021 entschieden und damit ein gleichlautendes Urteil der Vorinstanz bestätigt (4 U 906/20).
Die Klägerin war beim Spazierengehen in einer Hotelanlage ohne äußere Einwirkung plötzlich umgeknickt. Dabei zog sie sich mehrere Fußfrakturen zu.
Kein Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen?
Als sie wegen des Zwischenfalls Invaliditätsleistungen ihres privaten Unfallversicherers beanspruchte, winkte dieser ab. Denn seiner Ansicht nach hatte die Versicherte keinen Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen erlitten.
Dieser Rechtsauffassung schlossen sich sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Gera, als auch das von der Klägerin in Berufung angerufene Thüringer Oberlandesgericht an. Beide Gerichte hielten die Klage der Versicherten für unbegründet.
Kein von außen einwirkendes Ereignis
Nach Meinung der Richter hätte die Verunglückte nur dann einen Anspruch auf Leistungen ihres Unfallversicherers gehabt, wenn ihre Gesundheitsschädigung durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis verursacht worden wäre. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden.
Denn allein die Tatsache, dass sie mit ihrem Fuß umgeknickt sei, stelle kein von außen einwirkendes Ereignis dar. „Um einen bedingungsgemäßen Unfall handelt es sich beim Umknicken nämlich nur dann, wenn er seinerseits eine nicht ausschließlich in Bewegungen der Klägerin selbst liegende Ursache hatte“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung.
Die Frau habe nicht beweisen können, dass ihre Verletzungen auf einen Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen und nicht ausschließlich auf eine Eigenbewegung zurückzuführen war. Auch ihr Ehemann, der sie bei dem Vorfall begleitet hatte und als Zeuge vernommen wurde, habe dazu keine überzeugende Aussage gemacht.
Fehlender Beweis
Nicht bewiesen sei auch, dass die Knochenbrüche erst durch den nachfolgenden Sturz der Klägerin verursacht wurden, was eine Leistungsverpflichtung des Versicherers ausgelöst hätte.
Es sei allgemein bekannt, dass das Umknicken eines Fußes Folge eines Kontakts mit einem körperlichen Gegenstand, wie zum Beispiel einem Absatz, einer Vertiefung oder einer Unebenheiten sein kann. Ebenso kann es allerdings auch allein durch eine ungeschickte Körperbewegung hervorgerufen werden.
Welche dieser Möglichkeiten im konkreten Fall wirksam geworden sind, könne auch durch einen medizinischen Sachverständigen nicht geklärt werden. Denn dazu hätte er bei dem Vorfall zugegen sein müssen.
Dass ein Unfall kein Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen sein muss, hatte im Jahr 2014 auch eine Tennisspielerin erfahren, die sich ebenfalls eine Fußverletzung zugezogen hatte. Auch in ihrem Fall wurde ein Anspruch auf Leistungen ihres privaten Unfallversicherers durch ein Gericht verneint (VersicherungsJournal 8.6.2015).
Quelle : VersicherungsJournal 01.10.21
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