Der Ombudsmann vermittelt Dreifach-Unfall nach Schlaganfall und ein zweifelhafter Sturmschaden
Dr. Wilhelm Schluckebier hat in seinem Jahresbericht 2022 drei exemplarische Streitfälle aus dem Bereich Kraftfahrt-Versicherung vorgestellt. In einem führte ein Schlaganfall zu Unfällen, wegen denen der Versicherer seinen Kunden mehrfach im Schadenfreiheits-Rabatt hochstufte. Auch ein Sturmschaden, der als Fälschung deklariert wurde, und Zank um die Nutzung einer Vertragswertstatt wurden aufgegriffen.
Der von Dr. Wilhelm Schluckebier geführte Versicherungsombudsmann e.V. wird jedes Jahr regelmäßig bei Streitfällen zwischen Kfz-Versicherern und deren Kunden befragt. Im Jahresbericht 2022 der Schlichtungsstelle sind einige Fälle exemplarisch aufgeführt.
Im Berichtsjahr war die Kfz-Sparte die mit den viertmeisten Beschwerden beim Ombudsmann (VersicherungsJournal 23.1.2023). Darüber liegen noch die Rechtsschutz- und die Lebens- sowie die Wohngebäude-Versicherung.
Schlaganfall im Kfz während der Fahrt führt zu Unfall
In einem Fall erlitt ein Fahrer einen Schlafanfall, während er gerade mit dem Auto unterwegs war. In dessen Folge fuhr er gegen einen Baum, dann gegen ein Verkehrszeichen und kam dann auch noch in den Gegenverkehr.
Von all diesen zeitlich versetzten Zusammenstößen bekam der Verunglückte nichts mit. Er konnte sich auch später nicht daran erinnern. Darum wurde er in einem strafrechtlichen Verfahren freigesprochen.
Sein Kfz-Versicherer aber stufte den Mann unter Berücksichtigung von drei Schadenfällen in der Schadenfreiheits-Klasse stark ab. Dagegen legte der Unfallfahrer Beschwerde ein. Schließlich sei der Schlaganfall ursächlich und der könne nur als ein Unfall gewertet werden.
Schluckebier sah den Kunden hierbei im Recht. Der Schlaganfall, in dessen Folge die Schäden entstanden, seien die „Klammer“.
Wurde ein Sturmschaden am Fahrzeug vorgetäuscht?
Bei einer anderen Schlichtungs-Angelegenheit musste Schluckebier sich mit einer Frau befassen, der von ihrem Versicherer vorgeworfen würde, einen Sturmschaden vorgetäuscht zu haben. Der Versicherer vermutete, dass die Frau gegen einen auf der Straße liegenden Baum gefahren sei. Zudem könne sie mit einer dem Wetter nicht angepassten Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein.
Die Umstände sprachen jedoch mehr für Einwirkungen durch einen Sturm. Denn das Fahrzeug war zwischen zwei umgestürzten Bäumen „gefangen“ gewesen. So fand die Feuerwehr das Auto vor; auch Fotos vom Unfallort belegen dies. Daher war der Ombudsmann der Meinung, dass hier klar ein Sturmschaden vorliege. Daraufhin leistete der Kfz-Versicherer doch.
Versicherer und Kreditgeber fordern verschiedene Werkstätten
In die Bredouille kam ein Autobesitzer, der seinen Wagen kreditfinanzierte. Er hatte bei seinem Versicherer eine Police mit Werkstattbindung abgeschlossen.
Als es dann zu einem Schaden kam, stellte der Mann jedoch fest, dass die vorgeschlagene Werkstatt nicht zu den Vorgaben des Kreditgebers passte. Denn dieser verlangte, dass ausschließlich vom Hersteller autorisierte Werkstätten genutzt werden. Schließlich ließ der Geschädigte den Wagen in einer autorisierten Werkstatt reparieren und musste anschließend die vertraglich vorgesehene Kürzung bei der Kostenerstattung hinnehmen.
Die Differenz forderte der Betroffene dennoch von seinem Versicherer zurück. Denn dieser hätte gewusst, dass der Wagen finanziert war. Darum hätte er ihn darauf hinweisen müssen, dass mit dem Widerspruch zwischen Werkstattbindung und Fahrzeugfinanzierung ein finanzielles Risiko verbunden war.
Der Ombudsmann wies den Versicherer auf dessen überlegenes Wissen dahingehend hin, dass es durchaus üblich sei, bei Autokrediten auf autorisierte Werkstätten zu bestehen. Aufgrund dieser Argumentation gab der Versicherer schließlich nach und stimmte einem Vergleich zu.
Beratungsversäumnis gegenüber Landwirt führt zu Schaden am Traktor
Der Besitzer eines neu erworbenen Traktors schloss für das Fahrzeug eine Vollkasko-Versicherung ab. Nach einigen Jahren wurde das Fahrzeug beschädigt, als sich ein angekuppeltes Güllefass löste. Der Versicherer wollte daraufhin nicht leisten. Er berief sich darauf, dass dies ein sogenannter Betriebsschaden und als solcher nicht versichert sei.
Der Landwirt erfuhr jedoch, dass es durchaus möglich gewesen sei, mit geringen Mehrkosten auch einen Betriebsschaden abzusichern. Das hatte der Versicherer wiederum versäumt, ihm mitzuteilen. Daher warf der Mann der Assekuranz ein Beratungsverschulden vor.
Der Ombudsmann vermittelte zwischen den Parteien, da er genug Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Versicherers sah. Schluckebier erklärte, dass derlei Fahrzeuge einem höheren Betriebsschaden-Risiko ausgesetzt seien. Zudem sei das Vermittlungsgespräch telefonisch gewesen, es hätte also die Chance bestanden, tiefergehend zu beraten.
Schließlich sagte der Versicherer eine hälftige Schadenübernahme zu.
Quelle : Versicherungsjournal 30.06.2023
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