Sozialhilfe – Wann die private Rentenversicherung mitzählt
Ein Sozialhilfeträger darf nur dann auf die private Rentenversicherung eines Hilfebedürftigen zurückgreifen, wenn sie innerhalb von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt der Leistungsbewilligung verwertbar ist. Das hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 2. September 2021 entschieden und damit seine bis dahin gültige Rechtsprechung korrigiert (B 8 SO 4/20 R).
Der Entscheidung lag die Klage eines Hilfebedürftigen zugrunde, der seit dem Februar 2011 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt. Die Stadt Dresden bewilligte ihm gleichzeitig ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt.
Das geschah jedoch nur auf Basis eines Darlehens. Der Kläger verfügte nämlich über eine private Rentenversicherung. Die stellte nach Ansicht des Sozialhilfeträgers einen Vermögenswert dar, den er zur Deckung seines Lebensunterhalts verwerten müsse. Der Vertrag sehe zwar einen Verwertungsausschluss bis zum Jahr 2025 vor. Darauf komme es jedoch nicht an.
Der Mann war der Meinung, dass ihm die ergänzenden Hilfen zum Lebensunterhalt angesichts des mit seinem Versicherer vereinbarten späten Verwertungsausschlusses als Zuschuss und nicht als Darlehen zu gewähren seien. Er zog daher gegen die Stadt Dresden vor Gericht.
Verwertbarkeit einer privaten Rentenversicherung
Damit hatte er zunächst keinen Erfolg. Sowohl das in der Vorinstanz mit dem Fall befasste Dresdener Sozialgericht als auch das von dem Betroffenen in Berufung angerufene Sächsische Landessozialgericht hielten die Klage für unbegründet.
Nach Meinung der Richter sei nämlich dann von einer Verwertbarkeit einer Lebens- beziehungsweise privaten Rentenversicherung auszugehen, wenn deren Fälligkeit innerhalb von 15 Jahren ab dem Zeitpunkt einer Leistungsbewilligung eintrete.
Kein angemessener Zeitraum
Doch dem schloss sich das von dem Mann in Revision angerufene Bundessozialgericht nicht an. Nach Meinung der Richter hätte der Kläger nämlich nur dann auf die Verwertung seines Versicherungsvertrages verwiesen werden dürfen, wenn er prognostisch innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf den Vertrag hätte zugreifen können.
Angemessen sei aber allenfalls ein Zeitraum von zwölf Monaten. Denn andernfalls verfüge ein Hilfebedürftiger nicht über sogenannte bereite Mittel, welche einen Sozialhilfeträger dazu berechtigen würden, ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt nur auf Darlehensbasis zu gewähren.
Trotz allem ist der Fall noch nicht endgültig entschieden. Denn nach Ansicht des Bundessozialgerichts sind bislang keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen worden, ob der Betroffene zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört und als hilfebedürftig anzusehen ist. Die Sache wurde daher an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Quelle : Versicherungsjournal 13.09.2021
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