Schaden nach Vollbremsung wegen Verkehrsrowdie – Keine Haftung des Verursachers
Ein Pkw-Fahrer hatte durch ein grob verkehrswidriges Wendemanöver die Vollbremsung eines Lkw verursacht. Dabei wurde dieser beschädigt, weil seine unzureichend gesicherte Ladung verrutschte. In diesem Fall liegen die Voraussetzungen für eine Haftung des Pkw-Halters auch ohne Kollision der beiden Fahrzeuge vor. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 20. April 2021 entschieden (9 U 66/19).
Der Entscheidung lag die Klage eines Halters eines Lastkraftwagens zugrunde. Dessen Fahrer musste auf einer Bundesstraße wegen eines grob verkehrswidrigen Wendemanövers eines Pkw-Fahrers zur Vermeidung einer Kollision eine Vollbremsung einleiten.
Dadurch verrutschte die Ladung gegen die Stirnwand und verursachte an dem Lkw einen Schaden von 7.300 Euro. Den wollte sich der Kläger von dem Fahrer des Personenkraftwagens beziehungsweise von dessen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer ersetzen lassen.
Unzureichende Ladungssicherung
Der Versicherer hielt die Forderung für unbegründet. Der Lkw-Fahrer sei nämlich nachweislich zu schnell unterwegs gewesen. Darüber hinaus sei die Ladung nur deswegen verrutscht, weil sie bei Fahrtantritt nicht ordnungsgemäß gesichert wurde. Hinter diesen Verstößen trete das Fehlverhalten des Fahrers des Personenkraftwagens vollständig zurück.
Dieser Argumentation schloss sich das in erster Instanz mit dem Fall befasste Offenburger Landgericht an. Es hielt die Forderung des Lkw-Halters ebenfalls für unbegründet. Denn nach Aussage eines Sachverständigen sei der Schaden Folge einer unzureichenden Ladungssicherung gewesen.
Das wurde von dem in Berufung angerufenen Karlsruher Oberlandesgericht zwar nicht in Frage gestellt. Die Richter hielten den Pkw-Fahrer trotz allem für mitschuldig an dem Schaden.
Grob verkehrswidriger Verstoß
Dieser habe durch sein Wendemanöver grob verkehrswidrig gegen § 9 Absatz 5 StVO verstoßen. Denn er hätte nur dann wenden dürfen, wenn er eine Gefährdung des sich von hinten nähernden Lastkraftwagens hätte ausschließen können.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Truck zum Zeitpunkt des Wendemanövers jedoch höchstens 110 Meter entfernt gewesen. Er hätte auf der geraden Strecke auch problemlos wahrgenommen werden können.
Die etwas überhöhte Geschwindigkeit des Fahrers von rund 20 Kilometern pro Stunde habe den Beklagten daher nicht entlasten können. „Denn auf der sehr gut ausgebauten Bundesstraße musste der Fahrer des Pkw auch mit deutlich höheren Geschwindigkeiten anderer Fahrzeuge rechnen.“
Hätte der Mann nicht gewendet, wäre es nach Überzeugung der Richter nicht zu der Vollbremsung des Lastzugs und zu dem Schaden des Klägers gekommen.
Erhebliches Mitverschulden
Dieser muss sich allerdings ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen. Das leite sich insbesondere aus der unzureichenden Sicherung der Ladung ab. Denn dass beim Verrutschen der Ladung in einem Lastkraftwagen nach einer Vollbremsung erhebliche Schäden drohen, wisse jeder Lkw-Fahrer.
Angesichts der Gesamtumstände hielt das Berufungsgericht daher eine Haftungsverteilung von einem Drittel zu zwei Dritteln zu Gunsten des Beklagten für angemessen. Die Richter ließen kein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zu.
Quelle : VersicherungsJournal 03.11.21
Kommentare
Schaden nach Vollbremsung wegen Verkehrsrowdie – Keine Haftung des Verursachers — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>