Das Schlagloch, der Radler und der schwere Sturz
Fahrradfahrer müssen bei gut erkennbaren Schlaglöchern ihre Geschwindigkeit den Straßenverhältnissenanpassen und gegebenenfalls ausweichen, um nicht zu stürzen. Denn eine Verpflichtung der Straßenbaulastträger, alsbald einen verkehrssicheren Zustand einer maroden Fahrbahn herzustellen, besteht nicht. Die Wiederherstellung ist vielmehr von der Leistungsfähigkeit des zuständigen Trägers abhängig, sodas Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in einem Beschluss vom 4. August 2017 (7 U 122/16). Der seinerzeit 16-jährige Kläger war im Juli 2015 gegen 17 Uhr bei guten Sichtverhältnissen mit seinem Fahrrad aufeiner innerörtlichen Straße gestürzt. Grund für den Unfall war nach seinen Angaben ein circa fünf Zentimeter tiefesSchlagloch mit einem Durchmesser von 22 Zentimetern, in das er mit dem Vorderrad seines Velos geraten war.Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht? Für die bei dem Unfall erlittenen Verletzungen sowie die Zerstörung seiner Hose machte der Kläger die für die Straßezuständige Gemeinde verantwortlich. Er behauptete, dass dieser der katastrophale Zustand der mit unzähligenSchlaglöchern übersäten Straße seit langem bekannt gewesen sei, ohne etwas dagegen getan zu haben. Die Gemeinde habe daher ihre Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt.Dieser Argumentation wollte sich das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht nicht anschließen. Es hielt dieBerufung gegen ein die Klage abweisendes Urteil der Vorinstanz für unbegründet. Der Kläger hat die Berufungdaraufhin zurückgenommen.Abweichend von anderen Landesgesetzen seien die Straßenbaulastträger in Schleswig-Holstein nicht dazuverpflichtet, alsbald einen verkehrssicheren Zustand maroder Straßen herzustellen. Die Wiederherstellung hängevielmehr von der Leistungsfähigkeit des zuständigen Trägers ab.Alter StreitEine haftungsbegründende Verkehrssicherungs-Pflicht beginne daher grundsätzlich erst dort, wo auch füraufmerksame Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkennbar sei.Schlaglöcher von eher geringer Tiefe seien folglich auch von Radfahrern regelmäßig hinzunehmen. Das gelte auchfür das Schlagloch, welches dem Kläger zum Verhängnis wurde.Der Zustand der von ihm befahrenen Straße sei zwar nicht der Beste gewesen. Gleichwohl sei aufmerksamenFahrradfahrern eine gefahrlose Nutzung möglich gewesen. Denn die Schlaglöcher hätten angesichts der gutenSichtverhältnisse zum Zeitpunkt des Unfalls auch bei nur flüchtigem Hinsehen ohne Weiteres erkannt werdenkönnen. Der Radfahrer hätte ihnen folglich problemlos ausweichen können, indem er seine Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen angepasst hätte. Die Klage und die Berufung seien daher unbegründet.
Quelle : Versicherungsjournal 21.12.2017 Wolfgang A. Leidigkeit
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