Unter diesen Voraussetzungen ist ein Verkehrsunfall als verabredet anzusehen
Sprechen typische Indizien für die Manipulation eines Unfallgeschehens, so ist der Kfz-Haftpflichtversicherer des angeblichen Schädigers nicht zur Leistung verpflichtet. Das hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 4. Oktober 2023 entschieden (46 O 312/21).
Der ordnungsgemäß am Straßenrand geparkter Pkw eines Kfz-Händlers war am späten Abend des 26. Februar 2021 durch ein vorbeifahrendes Auto beschädigt worden. Das Fahrzeug des Geschädigten wies zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von rund 188.000 Kilometer auf.
Der Schädiger behauptete, dass es zu dem Unfall deswegen gekommen war, weil er einem unbekannt gebliebenen Fahrradfahrer habe ausweichen müssen.
Kfz-Versicherer ging von einem verabredeten Geschehen aus
Bei dem Unfall entstand an dem Fahrzeug des Kfz-Händlers ein Schaden von rund 13.400 Euro. Von dem Kfz-Haftpflichtversicherer des vermeintlichen Unfallverursachers verlangte der Mann, ihm diesen Betrag zu erstatten. Dabei bestand er auf eine Abrechnung auf Basis eines von ihm eingeholten Gutachtens.
Der Versicherer bestritt, dass es sich um einen „regulären“ Unfall gehandelt habe. Angesichts der Gesamtumstände müsse vielmehr von einem verabredeten Unfallgeschehen ausgegangen werden. Er weigerte sich daher, den Schaden zu regulieren.
Hoher Gewinn bei verabredeten Unfällen
Zu Recht entschied das schließlich mit der Sache befasste Berliner Landgericht. Es wies die Klage die Kfz-Händlers auf Ersatz des ihm angeblich regulär entstandenen Schadens als unbegründet zurück. Die Richter gelangten zu der Überzeugung, dass tatsächlich von einem verabredeten Unfallgeschehen ausgegangen werden müsse.
Ausgangspunkt für den Verdacht sei regelmäßig, dass der Anspruchsteller davon absieht, die vollständige Reparatur in einer Fachwerkstatt durchführen zu lassen, und stattdessen eine Abrechnung auf Basis eines Gutachtens verlangt. Denn nur auf diese Weise könne ein erheblicher Gewinn erzielt werden.
In dem entschiedenen Fall komme hinzu, dass der Kläger im Kfz-Gewerbe tätig sei. Für diesen Personenkreis gelte zwar kein Generalverdacht. Es sei aber bekannt, dass Personen aus dieser Branche an vielen Unfallmanipulationen beteiligt seien oder Beziehungen zu ihr habe.
Typische Merkmale einer Manipulation
Auffällig sei auch, dass es sich um einen „rentierlichen Seitenschaden“ gehandelt habe. Ein solcher sei typischerweise mit hohen Reparaturkosten verbunden. Dennoch sei er außerhalb einer Markenwerkstatt leicht zu kaschieren. So verbleibe für einen angeblichen Geschädigten ein hoher Gewinn.
Das Unfallgeschehen sei für den Schädiger auch gut beherrschbar gewesen. Auch das sei typisch für eine Manipulation. Darüber hinaus sei angesichts der Dunkelheit kaum mit Zeugen zu rechnen gewesen. Und dass der Schädiger den Vorfall der Polizei gemeldet habe, spreche nicht gegen einen verabredeten Unfall.
Außergewöhnliche Häufung von Unfällen
Von besonderer Bedeutung sei zudem, dass der Beklagte im Zeitraum zwischen Juni 2019 und Februar 2021 in sieben Verkehrsunfälle verwickelt war. Dabei hätten sich die letzten vier Unfälle zwischen Januar und Februar 2021 ereignet. Das sei eine außergewöhnliche Häufung von Unfällen.
All diese Indizien sprächen für die Behauptung des beklagten Kfz-Haftpflichtversicherers, dass es sich um ein verabredetes Unfallgeschehen gehandelt habe. Der Versicherer habe sich daher zu Recht geweigert, den Schaden zu regulieren.
Quelle : Versicherungsjournal 04.06.2024
Kommentare
Unter diesen Voraussetzungen ist ein Verkehrsunfall als verabredet anzusehen — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>