Der geplatzte Reifen Unfall oder Montagefehler
Macht ein Versicherter nach dem Platzen eines Fahrzeugreifens Leistungen gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend, muss er die Voraussetzungen eines Unfalls beweisen, um Anspruch auf eine Entschädigung zu haben. Das erfordert den Nachweis, dass ein eingedrungener Fremdkörper für das Platzen des Reifens ursächlich war. So entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Urteil vom 17. Dezember 2020 (9 U 124/18).
Der Kläger war Mitte November 2017 mit seinem Personenkraftwagen auf einer Autobahn unterwegs, als plötzlich mit einem lauten Knall der linke Hinterreifen platzte. Bei dem Vorfall hatte sich die linke Seitenwand des Reifens vollständig gelöst. Das Fahrzeug wurde dabei so stark beschädigt, dass es einen Totalschaden erlitt.
Kurz vor Unfall Winterreifen in einer Werkstatt montiert
Der Autofahrer machte daraufhin Ansprüche gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend. Als Argument brachte er hervor, dass es sich um einen Winterreifen gehandelt habe, der in einer Fachwerkstatt erst kurz vor Fahrtantritt montiert worden war. Die beiden Monteure könnten bestätigen, dass sich zu diesem Zeitpunkt keine Fremdkörper in dem Reifen befunden hätten.
Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass ein von ihm nicht erkennbarer Fremdkörper das Platzen des Pneus beim Überfahren verursacht hat. Der Schaden an seinem Fahrzeug sei daher Folge eines versicherten Unfalls.
Kein Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen
Das wurde von dem Versicherer bestritten. Er ging davon aus, dass der Reifen schon vor Fahrtantritt beschädigt war.
Unter diesen Umständen bestehe kein Versicherungsschutz in der Vollkaskoversicherung. Denn ein Fahrzeugschaden, der durch einen geplatzten Reifen verursacht werde, sei kein Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen, wenn das Ereignis nicht durch einen in den Reifen eingedrungenen Fremdkörper ausgelöst worden sei.
Dieser Argumentation schloss sich das Karlsruher Oberlandesgericht an. Es wies die Forderung des Klägers gegen seinen Vollkaskoversicherer als unbegründet zurück.
Der Autofahrer sei den Beweis dafür schuldig geblieben, dass der Reifen wegen eines in ihn eingedrungenen Fremdkörpers geplatzt ist. Nach den Feststellungen eines Sachverständigen sei vielmehr davon auszugehen, dass der auf einer Felge befindliche, noch kurz vor dem Vorfall eingelagerte Winterreifen bei einer vorangegangenen fehlerhaften Montage des Pneus auf die Felge beschädigt worden war.
Fehler bei der Montage des Runflat-Reifens
Bei dem Reifen habe es sich um einen sogenannten Runflat-Reifen gehandelt. Derartige Reifen würden über eine verstärkte Seitenwand verfügen. Diese erlaube es, dass ein Kraftfahrzeug auch bei erheblichem Druckverlust noch mit geringerer Geschwindigkeit gefahren werden könne, um beispielsweise zur nächsten Werkstatt zu gelangen.
Die Montage von Runflat-Reifen sei nach dem Gutachten des Sachverständigen aufwendiger und komplizierter als die normaler Reifen. Zu ihrer Anbringung seien Spezialwerkzeuge erforderlich.
Sie sollte außerdem nur von zertifizierten Monteuren durchgeführt werden. Denn würden die besonderen Regeln im Umgang mit Runflat-Reifen nicht beachtet, könne es geschehen, dass der äußere Wulstkern des Reifens bei der Montage zu stark beansprucht werde.
Reifen nicht durch Eindringen eines Fremdkörpers geplatzt
Durch eine Überbeanspruchung bei der Anbringung leide der Reifen. Das könne dazu führen, dass der Wulstkern während der Fahrt irgendwann auseinanderreiße und der Reifen platze.
Von einem derartigen Geschehensablauf gingen die Richter aus. Bei der Besichtigung des Reifens durch den Gutachter sei der Wulstkern nämlich nicht mehr vorhanden gewesen. Das sei nur dadurch zu erklären, dass er während der Fahrt gerissen sei.
Nach Überzeugung des Sachverständigen müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Reifen nicht durch das Eindringen eines Fremdkörpers geplatzt war. Dem schloss sich das Oberlandesgericht an.
Quelle : Versicherungsjournal 21.05.2021
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